KINDERSCHUTZ

Leitfaden - Kinderschutzkonzept
NÖ Familienbund  - Tagesbetreuungseinrichtungen

Tagesbetreuungseinrichtung (1–3 Jahre) – Niederösterreich

1. Einleitung und Grundhaltung

Unsere Tagesbetreuungseinrichtung ist ein sicherer Ort, an dem Kinder Geborgenheit, Wertschätzung und Förderung erfahren. Der Schutz der uns anvertrauten Kinder hat oberste Priorität. Wir handeln auf Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention, des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes (B-KJHG 2013) sowie des Niederösterreichischen Kinderbetreuungsgesetzes.

Grundprinzipien:
- Kinderrechte sind nicht verhandelbar.
- Kein Kind darf aufgrund von Herkunft, Sprache, Geschlecht, Religion, Entwicklungsstand oder Behinderung benachteiligt werden.
- Gewaltfreiheit, Respekt und Partizipation sind zentrale Werte unserer Arbeit.

2. Ziele des Kinderschutzkonzepts

- Prävention von Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung
- Schaffung eines sicheren, förderlichen Umfelds
- Stärkung der Selbstbestimmung und Resilienz von Kindern
- Klare Handlungsabläufe bei Verdachtsfällen
- Kontinuierliche Weiterentwicklung der Schutzmaßnahmen

3. Definition von Gewaltformen

Wir verstehen unter Gewalt jede Handlung oder Unterlassung, die das Wohl oder die Rechte eines Kindes beeinträchtigt.

3.1 Seelische Gewalt – Beschämung, Bloßstellung, Ignorieren, Drohungen, Diskriminierung, emotionale Vernachlässigung.

3.2 Körperliche Gewalt – Schlagen, Festhalten ohne Notwendigkeit, Zerren, Treten, unangemessene körperliche Eingriffe.

3.3 Sexualisierte Gewalt – Jede sexuelle Handlung oder Annäherung an ein Kind ohne dessen Einverständnis.

3.4 Vernachlässigung – Unzureichende Versorgung, fehlende Aufsicht, ungenügende emotionale Zuwendung.

3.5 Strukturelle Gewalt – Unzureichende Rahmenbedingungen (z. B. Personalmangel, unklare Abläufe), die das Kindeswohl gefährden.

4. Prävention und Schutzmaßnahmen

4.1 Verhaltenskodex – Klare Regeln für einen respektvollen, gewaltfreien Umgang; jährliche Unterzeichnung; regelmäßige Reflexion; keine Duldung von grenzüberschreitendem Verhalten.

4.2 Mitarbeitendenauswahl – Vorlage einer erweiterten Strafregisterbescheinigung „Kinder- und Jugendfürsorge“ vor Dienstantritt; verpflichtende Einschulung zum Thema Kinderschutz.

4.3 Fortbildung & Supervision – Jährliche Schulung zu Kinderschutz, Kommunikation und Deeskalation; Möglichkeit zur Supervision.

4.4 Risikoanalyse – Jährliche Überprüfung möglicher Gefährdungspotenziale; Festlegung von Präventionsmaßnahmen.

5. Partizipation von Kindern und Eltern

5.1 Kinder – Altersgerechte Mitbestimmung im Alltag; Recht, „Nein“ zu sagen; kindgerechte Gespräche über Gefühle, Konflikte und Regeln.

5.2 Eltern – Offene Kommunikation und Transparenz; Möglichkeit zu Rückmeldungen und Beschwerden; gemeinsame Lösungsfindung bei Problemen.

6. Aufsicht und sichere Umgebung

Einhaltung der Aufsichtspflicht jederzeit; regelmäßige Sicherheitskontrollen; Anpassung der Betreuung an individuelle Bedürfnisse.

7. Beschwerdemanagement

Kinder – Signale ernst nehmen (auch nonverbal).

Eltern – Feste Ansprechperson, Tür- und Angelgespräche, bei Bedarf separate Gesprächstermine.

Mitarbeitende – Offene Teamkultur, monatliche Teamsitzungen, frühzeitige Klärung von Unstimmigkeiten.

8. Vorgehen bei Verdachtsfällen

1. Erste Einschätzung im Team (mind. zwei Fachkräfte)
2. Information der Leitung
3. Dokumentation (sachlich, tagesgenau, wertfrei)
4. Entscheidung: Meldung an Kinder- und Jugendhilfe oder Beobachtungszeitraum
5. Bei akuter Gefahr: sofortige Meldung
6. Zusammenarbeit mit externen Fachstellen
7. Lückenlose Dokumentation aller Schritte
8. Reflexion und Fallnachbesprechung im Team

9. Anlaufstellen Niederösterreich

Kinderschutzzentren & Krisendienste:
- die Boje Tulln – ambulatorium-tulln@die-boje.at | www.die-boje.at
- die möwe (St. Pölten) – 01/532 15 15 | www.die-moewe.at
- Gewaltschutzzentrum NÖ – www.gewaltschutzzentrum.at
- Rat auf Draht – Notruf 147 | www.rataufdraht.at

Kinder- und Jugendhilfe / Sozialarbeit:
- BH Tulln – 02272/9025-39590 | post.bhtu@noel.gv.at
- BH Krems – 02732/9025-30590 | post.bhkr@noel.gv.at
- Magistrat Krems – 02732/801-255 | jugendamt@krems.gv.at

Fach- und Beratungsstellen:
- Kinder- und Jugendanwaltschaft NÖ – www.kija-noe.at
- Fachstelle für Gewaltprävention (F3) – 02742/9005-9050 | gewaltpraevention@noel.gv.at | www.jugend-ok.at

10. Dokumentation & Weiterentwicklung

Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden schriftlich dokumentiert und sicher aufbewahrt. Jährliche Überprüfung und Anpassung des Kinderschutzkonzepts. Einbindung von Fachstellen bei Bedarf.

11. Quellen

1. Leitfaden „Kinderschutzkonzepte“ – Bundeskanzleramt Österreich – https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/jugend/bundesjugendfoerderung/bundes-jugendfoerderung-kinderschutz.html

2. Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (B-KJHG) – BGBl. I Nr. 69/2013 – https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007959

3. Niederösterreichisches Kinderbetreuungsgesetz – https://www.ris.bka.gv.at/Land/

4. UN-Kinderrechtskonvention – https://www.unicef.at/un-kinderrechtskonvention